17. Februar 2023 – 7 Uhr morgens.
Sepp, der steilhangerprobte Pistenpräparierer, fluchte, als sein sonst so treuer Pistenbrummi erst beim fünften Startversuch mit einem „Pffft! Pffft!“ ein erstes Lebenszeichen von sich gab. Doch als er mit dem von der gestrigen Wirtshausrangelei mit Toni noch schmerzenden rechten Arm den Retourgang einschob, setzte sich die Sepp meist gefügige Riesenraupe in Bewegung und rammte bei der Ausfahrt aus dem Unterstand den von seiner Vroni für das nächste Weihnachtsfest fest eingeplanten Tannenbaum. „Auch gut!“ seufzte der das mit tödlicher Sicherheit folgende Zankgewitter schon im Ohr habende Sepp, und fuhr mit krachend eingelegtem dritten Gang die Piste Nr. 65 im noch schläfrigen Jochberg bei Kitzbühel bergan.
Nach etwa dreihundert Metern erreichte er den bei lokalen Ärzten berühmt-berüchtigten und im wirtshäuslichen Fachjargon als „Touristinnenmugel“ bezeichneten Hangabschnitt, hinter dem sich einheimische Pistenjäger für gewöhnlich auf die Lauer legten, um unbedarfte urlaubende Blondinen im Jetschwung abzuschießen.
Sepp bemühte sich redlich, den bis dahin noch von der nächtlichen Kälte knirschenden Schnee so kunstvoll aufzutürmen, daß ein regelrechter Hinterhalt entstand, hinter dem sich die örtlichen Pistenflitzer verbergen konnten. Als Sepp zum achten Mal den beinahe fröhlich vor sich hin brummenden Schneepflug gegen den immer höher werdenden Hügel rammte, brach hinter dem Großvenediger der golden silbrige Strahl der noch morgendlichen Sonne hervor und hüllte den sonst schwarzen Bart des Pisten-Sepp in ein beinahe göttliches Licht. Sepp stellte das Gefährt am Pistenrand ab und zündete sich sein erstes Pfeifchen an, von dem aus immer größer werdende Kringel in den seit Tagen klirrend blauen Hochdruckhimmel kerzengerade emporstiegen. Er war zufrieden mit seinem ersten Tagewerk und holte aus dem schon etwas speckigen Lederjanker einen Faltprospekt hervor, in dem der örtliche Fremdenverein penibel die Zuteilungen der Pistenflitzer zu den einzelnen Hinterhalten schon zwei Monate im Voraus verzeichnete. Sein vom häufigen Pfeifenrauchen bräunlich verfärbter Finger fand bald die richtige Spalte: „17. Februar Piste 65: Raffalt Peter“, las er. „Ach, dieser Kitzbüchler, der mit unserem Jochberger Streif-Karli um die jährlich von der Ärztekammer vergebenen Trophäe „Gips-an-der-goldenen-Armschlaufe“ kämpft!“
Zufrieden klopfte er an seinem Bergschuh die Reste des noch glimmenden Tabaks aus seinem Pfeifchen, bestieg den Pistenbrummer und lenkte ihn talwärts und freute sich schon auf den dampfenden Kaffee, den seine Vroni so unnachahmlich zubereitete. „Hoffentlich hat sie noch nichts von dem geknickten Tannenbaum gemerkt!“ erinnerte er sich, denn dann konnte sie ihm in der ersten Wut die schon vorbereitete Tasse samt brühheißem Kaffee auch an den von der gestrigen Rauferei noch immer etwas brummenden Kopf schmeißen.
Auch Peter Raffalt, der im Frühstücksraum des um diese Morgenstunde noch ruhigen Alpenhotels die Kaffeetassen für die holländischen Pensionisten aufdeckte, brummte von seinem vorgestrigen Attentat auf eine Touristin noch immer der Schädel, denn diese hatte geistesgegenwärtig den Skistock hochgezogen und ihm über den Scheitel gezogen, sodass er mit drei Stichen vom etwas hämisch grinsenden Dorfarzt Obermoser genäht werden musste. „Schlecht schaust aus“, meinte dieser, „da wird’s heuer wohl nix mit dem Preis!“ „Da kennst mich aber schlecht!“ erwiderte Peter, der durch solche Vorfälle gegen Saisonende erst richtig in Schwung kam. „Als nächstes such‘ ich mir eine etwas ältere Lady, die bringen besonders viele Punkte!“
Er spielte damit auf die etwas seltsame Zählpraktik an, bei der neben der Anzahl der erlegten Touristinnen auch das Alter eine nicht unwesentliche Rolle spielte, da pro angefangenem Lebensjahrzehnt ein Viertelpunkt zur Wertung hinzukam.
Fast zur selben Zeit, als Sepp die Pistenraupe in den Unterstand lenkte, holte Peter aus der Hochzeitstruhe seiner Eltern den roten Anorak hervor, der ihm in letzter Zeit bei seinen Pistenüberfällen immer Glück gebracht hatte. Noch einmal prüfte er mit einem Blatt des Kassablockes die Schärfe seiner White-Star-Kanten, rammte die Skistöcke in den schon heftig perforierten Boden seiner Stube und warf einen fordernden Blick in den Herrgottswinkel, aus dem ein schon aus Dankbarkeit oft geküsstes Bild der Heiligen Zenzi, der Schutzheiligen der Pistenrammer, herübergrüßte.
Claudia holte soeben die zweite Blätterteigschnecke vom Frühstücksbuffet des Goldenen Greif, die ihr von den angebotenen Süßspeisen am meisten mundeten. Sie rührte Gedanken verloren mit ihrer grazilen linken Hand, bei dem sie den kleinen Finger immer so anmutig wegstreckte, den dampfenden Earl-Grey-Tea und genoss den Duft des aufsteigenden Bergamotteöls, der sie an die Latschen der Piste 65 erinnerte, die sie heute mit ihren frisch geschliffenen Kanten des neuesten Rossignol in elegantem Schwunge umkurven wollte. Benjamin schüttelte gerade den Kopf über seinen Vater, der am Buffet zum dritten Mal zuschlug und seinen Teller mit Speck, Salami und grünen Oliven belud. Auch er freute sich auf einen geruhsamen Skitag und drängte nach oben in sein Zimmer, um den alltäglichen Erledigungen seines Vaters zuvorzukommen. Dabei stolperte er über die eifrig putzende und mit Nilfisk saugende Jugoslawin, die zu diesem Zeitpunkt noch nichts von den 4 Euro Trinkgeld ahnen konnte, die ihr am Abreisetag zukommen würden.
Als Claudia und Benjamin nichtsahnend aus dem Skibus stiegen und in Richtung Jochberglift stapften, lag Peter schon ein wenig fröstelnd in seinem Schneeversteck und beobachtete mit dem funkelnden Zeisse die vorüber kommenden Pistenflöhe. „Dieses junge Gemüse bringt mir zuwenig Punkte!“ jammerte er vor sich hin und genehmigte sich einen Schluck aus seinem Flachmann, in dem er eine klare hochprozentige Weiße-Gams mit sich führte, die ihn auf seinen Jagdausflügen treu und zielsichernd begleitete.
Schon ein wenig resignierend prüfte er zum fünften Mal die Bindung seiner gelb blitzenden Skier und brachte die Stahlstöcke in Sturzkampf-Position, zupfte an seinem Anorak die Stahleinlagen und polierte die mit unzerbrechlichen Kunststoffbügeln fixierte Armani-Brille. Der out-of-bed-frisierte Benjamin schwang soeben auf dem Gegenhang ab und richtete erwartungsvoll seinen Blick nach oben, wo er den curligen Schopf seiner meist geruhsamer hinterher carvenden Begleiterin und Mutter Claudia erwartete, die ihm in der nächsten Hütte Erbsensuppe und Topfenstrudel versprochen hatte. Zeitgleich mit Peter entdeckte der hungrig mit seinem Magen knurrende Benjamin den gegen den gleißenden Schnee sich kaum abhebenden silbrigen High-Society-Anorak seiner Mutter und richtete sich ein, die Fahrt fortzusetzen. „Ha!“ entfuhr es Peter, der geistesgegenwärtig das Fernglas unter den Pullover schob, die Stöcke in die Piste rammte und mit kräftigen Schlittschuhschritten Fahrt aufnahm. „Das wird der Sieg 2023 und der Toni kann einpacken!“ freute er sich auf den sicheren Punkezuwachs, der ihm in Form der nichts ahnenden Claudia lächelnd und mit Alpin-6 eingecremten rotbackigen Wangen seitwärts seine Bahn kreuzend entgegenkam …
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Eine Antwort zu „Schnee.Falle“
Als ich eine künstliche Intelligenz fragte, warum es in dieser Geschichte geht, hat sie mir folgende Antwort gegeben: „In der Geschichte „Schnee-Falle“ geht es um einen Mann namens Michael, der in der Einsamkeit einer Berghütte lebt. Eines Tages gerät er in einen Schneesturm und wird gezwungen, in der Hütte zu bleiben. In dieser Zeit wird er von der Einsamkeit überwältigt und beginnt, über sein Leben und seine Beziehungen zu reflektieren. Michael erinnert sich an seine Vergangenheit, seine Freunde und seine Familie. Er erkennt, dass er über Jahre hinweg eigene Entscheidungen getroffen hat und eigentlich nie wirklich wusste, was er wollte. Er reflektiert darüber, wie wichtig die Beziehung zu anderen Menschen im Leben ist und wie sehr er die Nähe von Menschen vermisst. Am Ende des Schneesturms wird Michael von einem Nachbarn gerettet, der den schwer zugänglichen Weg zu ihm gefunden hatte. Michael ist nun bereit, sein Leben zu ändern und seine Beziehungen zu anderen Menschen zu verbessern. Die Geschichte „Schnee-Falle“ ist eine eindrucksvolle Darstellung der Einsamkeit und der Bedeutung von Beziehungen und menschlichem Kontakt. Sie zeigt, dass wir auf unsere Beziehungen zu anderen Menschen achten sollten, um unsere eigene Gesundheit und Glück zu schützen und das Leben zu genießen.“
Anscheinend hast Du die Geschichte nicht gelesen, denn in der geht es um etwas ganz anderes. Versuche es bitte noch einmal!„Mein Fehler, Eetschuldigung. In der Geschichte „Schnee-Falle“ geht es um einen Mann namens Thomas, der sich auf einem Spaziergang in den Bergen verläuft und schließlich in eine Schneefalle gerät. Thomas ist aufgrund seines Körperschmucks und seiner alternativen Kleidung von den Einheimischen argwöhnisch beäugt und Krähen und Gänse attackieren ihn in seiner misslichen Lage. Thomas setzt sich in seiner Verzweiflung mit seiner eigenen Vergangenheit, seiner Kunst und seiner wechselvollen Beziehung auseinander. Er versucht sich mit Freundschaften und Beziehungen seiner Vergangenheit und seinen Gefühlen im Allgemeinen auseinander zu setzen. Er versucht, Gründe für sein Verhalten und Fehltritte in der Vergangenheit zu finden und realisiert schließlich, dass er gegen das Konformitätsprinzip verstoßen hat. Thomas wird letztendlich von einem Einheimischen gerettet und besinnt sich auf die Bedeutung von Selbstbestimmung und Individualität. Die Geschichte zeigt, wie der Faktor der Fremdbestimmung uns dazu drängt, uns in eine bestimmte Form und Art des Verhaltens zu pressen und uns von der Individualität entfernt werden. Die Botschaft der Geschichte ist, dass Individualität und Selbstbestimmung wichtige Merkmale unseres Seins sind, die uns letztendlich in unseren Entscheidungen und Handlungen in den Vordergrund stellen.“