w. s. scripsit, 1970.
geliebte,
als du gegangen bist
hast du etwas bei mir vergessen:
ein unaussprechliches etwas,
vielleicht ein atemzug
zwischen gestern und morgen,
vielleicht ein leises wort
zwischen drinnen und draußen.
vielleicht ein gedanke
zwischen träumen und wahrheit,
vielleicht ein berühren
zwischen liebe und haß –
und dieses etwas
hängt unsichtbar-ungreifbar
zwischen meinen wänden
und quält mich –
macht mich auch glücklich.
das bild
wollte ich von der wand nehmen,
doch der schatten blieb
und der goldglänzende nagel –
es krallt sich fest
das muster der tapete –
die leere schreit mich an –
wo sind die flüsternden blicke
deiner fernen augen?
 die gedanken an dich
streicheln mich wie ein
samtenes rosenblatt
die gedanken an dich
schlagen mich wie die
vergeblichkeit
die gedanken an dich
lügen nicht.
der herbst ist nicht nur
über das land gekommen,
die sonne verliert
in den stürmischen wolken
die kraft
und ich bleibe in meinem herzen
einsam … einsam …
der ruf der schwarzen vögel
bringt keine botschaft –
die mär von der nachtigall
hat ein andrer besungen –
totenvögel
picken mit den gelben schnäbeln
die vergessenen körner
der vergeblichen saat
aus den furchen
des ackers.
du wählst die einsamkeit –
mir blieb keine andere wahl –
das vergangene ist kein erinnern –
nur die schalheit
blieb im becher.
reminiszenzen?
nicht gefragt!
gefühl?
keinbedarf!
die liebe
ist an der nachfrage
gescheitert!
bist du zufrieden?
kein recht auf liebe zu haben
ist wie den stein
ewig auf den schultern
zu tal zu tragen
anstatt ihn zu rollen.
du kannst nicht
in mich hineinschauen
wie damals,
als du dich hingegeben hast –
und deshalb kannst du auch
nicht verstehen.
immer wollte ich
die grüne wiese –
die endlose weite des glücks –
erreichen –
und ich wollte
mit dir
den blütenstaub an den nackten
beinen tragen –
und lachen wollte ich –
doch die grenzenlose weite
setzt tränen auf meine gedanken.
du hast das urteil
dem wind überlassen –
und es neigen sich
die schlanken äste
in eine andere richtung –
und der wind
kann meine worte nicht hören …
die nacht mußt du fragen
wenn du dein schicksal
wissen willst –
sie allein wird dein schweigen
verstehen –
doch du siehst nur den tag,
das dunkel fliehst du im traum –
fremd klingen die stimmen –
war nicht die nacht
einst
uns beiden vertraut?
worte – träume gedanken
gesten – schweigen – tod
gemeinsam waren sie einst –
ein anderer lenkt nun mein boot –
und der fährmann
hört nicht meine fragen –
nur schweigen und tod
sinnlos das klagen –
wohin geht die fahrt?
nenne das ziel!
doch es treiben die mächte
ihr grausames spiel –
wo ist das ufer?
wo ist das land?
brechend gleitet das ruder
aus sterbender hand.
gedanken durchdringen
das dunkel nicht –
wann spricht
das gericht?
worte – träume gedanken
gesten – schweigen – tod –
liebe brach das ruder,
einsamkeit das boot.
lahm sind die flügel der gedanken,
schweigen ist wähnen
wolken decken das grab –
einer hält eine rede –
spricht viel von liebe,
ewigem leben –
der schwarze vogel
leiert ein gebet –
schwarzumrandete tüchlein
decken nicht das erbe –
vielleicht bin ich da unten
(oder oben?)
am glücklichsten –
wirst du weinen?
deinen tränen würde ich glauben …
es war schön –
die betonung liegt auf der zeit –
doch grammatische überlegungen
sind analyse des wahnsinns –
unwirkliches
nimmt gestalt an
aus der vergangenheit –
und dein stöhnen
bettet sich auf ein anderes lager –
ich habe den unterschied
begreifen wollen –
einzig – wahr – ewig –
auf das ich verzichten –
auf die vergangenen fehler –
doch du hast den irrtum
zum recht gemacht –
war meine liebe unrecht?
du hast geglaubt,
daß bereuen
eingeständnis des menschseins ist –
ich habe gefühlt,
daß lieben
erkennen des göttlichen ist –
der unterschied
ist der zweifel
am sinn des lebens –
und ich wollte,
daß unsere liebe
göttlich und frei ist –
doch du bliebst mensch
und konntest nicht verstehen –
allein kann ich nicht gott sein …
verstehen ohne worte
das ist liebe –
früher glaubte ich
daß es so wäre –
doch nun weiß ich,
daß du in mir
nur dich selber verstanden hast –
deine liebe war eigenliebe –
nur den haß
hast du gegen mich gerichtet,
du konntest dich selber nicht
in deinen lügen begreifen –
ich sage nicht,
daß ich besser bin,
doch ich wollte die wahrheit
finden.
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