Eine befreundete Literatin, die auf zahlreiche Publikationen zurückblicken kann, und deren literarische Qualitäten ziemlich außer Zweifel stehen, meldete sich aus Neugier und Interesse an einem Meinungsaustausch mit Gleichgesinnten in dem hier nicht namentlich angeführten Internetforum Käseglocke an, bei dem es sich nach Eigendefinition um „eine der größten deutschsprachigen Literaturplattformen“ handelt. Dort gibt es für AutorInnen 23 Lyrik- und Prosaforen für Veröffentlichungen und den Meinungsaustausch mit rund 4.000 anderen Autoren, eine kostenlose Schreibwerkstatt und kostenloses Lektorat für Werke nebst jährlichen Buchveröffentlichungen.
Der Haken an der Anmeldung ist, dass man nach der Registrierung zunächst nur einen Probe-Account erhält, denn um den kompletten Funktionsumfang der Plattform nutzen zu können, muss man mindestens ein Werk eingestellt haben. Dieser erster Beitrag wird von dann von Foren-Redakteuren innerhalb weniger Tage freigeschaltet.
Gesagt, getan. Caro – unter diesem in Literaturkreisen bekannten Nickname hatte sie sich angemeldet – wählte aus den zahlreichen Foren jenes aus, das ihrem Interesse am nächsten schien: „Experimentelles – Experimentelle Lyrik„. Die Beschreibung dafür lautete: „Um der wachsenden Zahl schwer einzuordnender lyrischer Texte gerecht zu werden, kann in diesem Forum experimentiert, lautmalerisch oder dadaistisch gedichtet oder realsatirische Kunst betrieben werden.“
Da Caro vor kurzem an einem Twitter-Literatur-Wettbewerb erfolgreich teilgenommen hatte, wählte sie einen prämierten Tweet zu einem aktuellen Thema und gab ihm den Titel: „Evolution oder Kreationismus“:
Ein Affe klettert auf den Baum.Er schläft dort ein, wird wieder munter.Und Charles Darwin glaubt es kaum:als Homo sapiens kommt er herunter.
Schon nach kurzer Zeit erhielt sie von einem Forenredakteur – wir nennen ihn hier OLerche – folgende Antwort:
Hallo caro!
Ihr Beitrag ‚Evolution oder Kreationismus‘, den Sie in dem Forum veröffentlichen möchten, wurde nicht angenommen.
Dieser Vierzeiler eignet sich nicht als Vorstellungstext, zumal er – eventuell in leicht abgewandelter Form – als Schülerspruch seit Generationen regional verbreitet und geläufig ist.
Grüße von OLerche
Einigermaßen verblüfft über diese Beurteilung – alle diesbezüglichen Google-Versuche blieben natürlich negativ – antwortete sie:
Du schreibst: „Dieser Vierzeiler eignet sich nicht als Vorstellungstext, zumal er – eventuell in leicht abgewandelter Form – als Schülerspruch seit Generationen regional verbreitet und geläufig ist.“
Du hast für diese Behauptung einen Beleg, oder?
c.
Relativ prompt kam die Antwort:
Hallo caro,
„Du schreibst: „Dieser Vierzeiler eignet sich
nicht als Vorstellungstext, zumal er – eventuell in leicht abgewandelter Form – als Schülerspruch seit Generationen regional verbreitet und geläufig ist.“
Du hast für diese Behauptung einen Beleg, oder?“
Ja, die Aussage einer glaubhaften gestandenen Berliner Kollegin und Co-Lektorin.
Mit freundlichen Grüßen
OLerche
Hallo OLerche,
Und wie lautet dann dieser bekannte Schülerspruch?
c.
BTW: Das war ja der Witz an der Sache, einen solchen Eindruck von Bekanntheit zu vermitteln!
Hallo Caro,
auch ohne den Einwand der Kollegin fand der Beitrag nicht die entsprechende Zustimmung. Er wurde von insgesamt vier Personen gelesen und als lyrisches Einstiegswerk abgelehnt. Für ein Witzgedicht ist es schlicht zu sparsam konzipiert, die stilistische Mittel eher dürftig, die Pointe klemmt.
Wenn Sie Ihr Talent verkannt wähnen, schicken Sie uns doch ein Werk von Ihnen, das besser geeignet ist, uns einen Einblick in Ihre tatsächlichen Fähigkeiten zu geben oder versuchen es in einem anderen Forum.
Mit freundlichen Grüßen
OLerche
Hallo OLerche und die „vier anderen Personen“,
– Ein Witz, der der nicht sparsam ist, ist ein schlechter Witz, gerade soviele Worte, wie zur Pointe notwendig sind, macht eine guten Witz aus.
– Das stilistische Mittel sind übrigens die 140 Zeichen – das Gedicht ist nämlich ein Tweet.
– Die Feststellung, dass die Pointe klemmt, ist im Zusammenhang mit der bisher noch immer unbewiesenen Behauptung, dass es sich um einen abgewandelten Schülervers handelt, eher ein Paradoxon.
Ich komme also zu dem Schluss:
Die Jury wollte sich beweisen,
was die Dichterin erheitert.
Statt sie für’s Werk zu preisen
ist sie an ihm gescheitert.
c.
Es gibt übrigens auf dieser Literaturplattform auch ein Forum für „Humor und Satire“ …
Hallo caro!
deinIhr Beitrag ‚Eine Dichterin im Internet‘, den du in der Käseglocke veröffentlichen möchtest, wurde nicht angenommen.
Das Käseglockenteam beglückwünscht dich allerdings, dass du eine erfolgreiche, bekannte und extrem erfindungsreiche Schriftstellerin bist, die noch an die Allwissenheit des Internets glaubt und Texte immer so zu verfassen versteht, dass der Leser ganz begeistert ist (außer er ist blöd, natürlich). Wir entschuldigen uns untertänigst, dass wir einen anderen Geschmack haben als deine Lesermassen und dass wir aufgrund unserer langjährigen Schreib- und Textarbeitserfahrung andere Ansprüche stellen als deine Fans. Wir freuen uns jedoch, zu deiner Unterhaltung beigetragen zu haben und hoffen, du lässt noch viele deiner treuen Leser an der entspannten Erheiterung teilnehmen, die dich ob unserer Ablehnung erfasste (irgendwer wird schon glauben, dass diese Erheiterung echt und nicht nur ein Schutzschild ist).
Kleiner Tipp: Falls du noch eine Selbsthilfgruppe suchst: Wir können dir noch weitere Namen von hochbegabten Autoren zukommen lassen, die in anderen Foren extrem erfolgreich sind und nach eigener Aussage nur in der Käseglocke (in der sich Leute, die ernsthaft an Text interessiert sind und deshalb schon mal genauer hinschauen) keine Jubelstürme auslösen.
Wir wünschen dir auf deinem weiteren Weg zum Literaturnobelpreis viele gute Freunde.
Grüße von Zypresse
Kontakt: http://www.Kaeseglocke.de/lw/member.php?action=mailform&userid=2240
Der Betreiber der Käseglocke stellt als Alternative ein Literatur-Blog zur Verfügung, welches ohne Zugangsbeschränkung und fast unmoderiert als Veröffentlichungs-Plattform dient. Schauen Sie einfach mal vorbei: http://www.litblog.de
3 Kommentare to “Eine Dichterin im Internet – Da bin ich ;-)”
Caro versuchte es also mit einem anderen Text und zwar einem, der schon vor einigen Jahren bei einem Literatur-Wettbewerb mit dem 2. Preis bedacht worden ist:
Wie kommt der Pfarrer ins Puff
Anselm musterte nachdenklich den dunklen Fleck auf seiner im Laufe der Jahre eng gewordenen Soutane. „Kannst du nicht besser aufpassen“, hatte er Angelika zugezischt, die ihm schon einmal bei der Vorbereitung zur Wandlung den in dieser Jahreszeit vorgewärmten Messwein auf die Kasel geschüttet hatte. Aber es war schwierig, zuverlässige Ministranten zu finden und seit einigen Jahren waren in seiner Pfarre nur noch Mädchen bereit, diesen geistlichen Hilfsjob – so hatte das sein Jugendseelsorger einmal genannt – zu verrichten.
Er betrachtete Angelika, die ihm den Rücken zugewandt die Albe in der Truhe der überheizten Sakristei verstaute. Als sie sich bückte, um den Deckel der Truhe zu öffnen, rutschte Angelikas kurzer roter Rock höher. Anselm schluckte.
„Du solltest dir nächstes Mal Hosen anziehen, damit du dich nicht verkühlst.“
Seine Stimme klang ihm fremd, seltsam entfernt.
„Okay Boss.“
Langsam richtete sich Angelika auf und kam in ihren schwarzen Sportschuhen, die ihrem Gang etwas Wiegendes verliehen, auf ihn zu. Sie lächelte, als sie seinen Blick sah, und sah ihn an.
Er küsste die Stola und reichte ihr diese mit dem Zingulum, die er zuvor abgelegt hatte und die nun auf dem abgeschabten Pult neben ihm hingen. Sie nahm beide und hängte sich den Gürtel um den Hals. Langsam drehte sich das Mädchen um, faltete die Stola sorgsam in der Mitte, ging die wenigen Schritte zur Truhe, faltete den Stoff nochmals und beugte sich abermals weit vor, um die Kleidungsstücke hineinzulegen. Das kunstvoll geflochtene Zingulum rutschte dabei von ihren Schultern und fiel in die Truhe. Er hatte es längst aufgegeben, dieses Kunststück, wie sie es nannte, zu tadeln.
Angelika schloss die Truhe, ging zum Tisch neben der Tür zur Kirche und ergriff den Klingelbeutel aus blauem Samt, den sie beim Auszug nach der Abendmesse dort abgelegt hatte. Als sie auf ihn zuging, hielt sie den Beutel mit einer Hand am goldenen Rand und streichelte den Stoff sanft mit der anderen. Sie umfasste ihn so, dass die Münzen darin klingelnd sprangen.
„Soll ich es in die Kasse leeren?“
„Lass nur, das mach ich schon!“
Ihre Hand berührte leicht seinen Handrücken, als er den Beutel entgegennahm.
„Na dann bis morgen, Herr Pfarrer.“
„Ja, bis morgen“, wiederholte er erst, als die schwere Tür schon hinter dem Mädchen ins Schloss gefallen war.
Als er die Spenden der Gemeinde auf das Plastiktablett leerte, fand er unter den Scheinen wieder diese kleine rote Visitenkarte mit der handgeschriebenen Adresse. Das war jetzt schon das sechste Mal. Er nahm die Karte und warf sie wie immer in den Papierkorb.
Nachdem er die Hosenknöpfe und Parkmünzen aussortiert und die Spenden in der Kasse verstaut hatte, verließ Anselm die Sakristei. Er hatte das Licht schon abgedreht und die Türe geöffnet, als er im Schein des durch den schmalen Spalt hereinfallenden Lichtes der Straßenlaterne doch noch zum Papierkorb zurückging, die Karte ertastete und in die Innentasche seines Pluviale steckte.
Hallo caro!
Ihr Beitrag ‚Wie kommt der Pfarrer ins Puff‘, den Sie in der Käseglocke veröffentlichen möchten, wurde nicht angenommen.
Leider ist die Idee nun wirklich nicht neu und auch nicht sehr originell umgesetzt. Auch bedarf der Text bezüglich Rechtschreibung noch einer Überprüfung.(einschließlich Titel).
Wie ich sehe, ist dies nicht Ihre erste Bewerbung, vielleicht sollten Sie sich überlegen, ob die Käseglocke wirklich der geeignete Ort für Ihre Werke sein kann/soll.
Grüße von Branka
Hallo Branka,
was meinst du mit Rechtschreibung? Hab ich irgendwo noch einen Tippfehler?
Und in der Überschrift finde ich auch keinen, denn den habe ich von der Ausschreibung des Literaturwettbewerbes direkt übernommen, bei dem ich vor Jahren mit dem Text den zweiten Platz erhalten hatte.
Ich dachte, dieses Forum ist dazu da, dass Texte professionell diskutiert und verbessert werden. Dann wäre es doch nett, wenn du mir wenigstens konkret mitteilen würdest, warum diese Idee nicht neu ist – gibt es dafür irgendwelche Belege? Etwa vergleichbare Texte, die sich mit dieser Problematik beschäftigen.
Mit freundlichen Grüßen
C.v.A.
Hallo caro,
ja, es gibt Tippfehler, ansonsten wird an das Erstlingswerk ein besonderer Anspruch gestellt. Später, bei Vollmitgliedschaft, kann dann an Texten gearbeitet werden, aber das weißt du ja sicher inzwischen alles.
LG Branka
Welche Tippfehler gibt es denn? Wäre nett, wenn du mir die mitteilen könntest! War noch ein Wort in der alten Rechtschreibung?
Hallo caro,
bei Ablehnung des Textes ist dieser von meinem Computer verschwunden, daher kann ich jetzt nicht mehr darauf eingehen. In Erinnerung ist mir aber schwarz mit „aa“, Kanzel ohne „z“.
Ich denke, das bringt jetzt auch nichts, der Text ist abgelehnt. Auch bringst es nichts, sich nach einer Ablehnung einfach ein anderes Forum auszusuchen.
LG Branka
Du bist lustig – „Kanzel“ kam in dem ganzen Text nicht vor, sondern nur das Wort „Kasel“, das Obergewand eines Priesters. Und das mit dem Fehler im Titel versteh ich immer noch nicht.
Hallo caro,
das passiert, wenn ein so kurzer Text mit Fremdwörtern gespickt ist. Ich hatte nicht alle nachgeschlagen.
Nun aber mal zum Abschluss. Arbeit am Text und dies tun wir jetzt, erfolgt nach Freischaltung und die hast du noch nicht.
Meine Arbeit auf der Lupe ist mein Hobby und jetzt wende ich mich wieder meiner Arbeit zu.
MfG
Branka
Fremdwörter
Für mich ist Schreiben immer auch Recherchieren und die Wahl des richtigen Ausdrucks. Trotzdem danke, dass du soviel Zeit geopfert hast. Immerhin weiß ich jetzt, wie hier mit Texten anderer umgegangen wird.
Caroline von Arndt
Hallo caro,
ich denke, wir sollten die Diskussion wirklich abbrechen. Du willst es nicht verstehen. Ich finde es schwierig, wenn der Leser erst einmal eine Weile im Internet unterwegs sein muss, um sich einen Text zu erlesen, noch dazu, wenn es sich bei dem Text um eine Kurzprosa handelt.
MfG
Branka
Eine Weile im Internet unterwegs?
In meinem Text kommen mit Kasel, Albe, Pluviale und Zingulum genau vier spezifische Begriffe vor, wobei deren Bedeutung als Gewandbestandteile für das Verständnis der Geschichte nicht einmal besonders relevant sind – und Zingulum wird außerdem auch als geflochtener Gürtel beschrieben. Sakristei, Soutane und Stola sind doch allgemein verständliche und übliche Begriffe. Ich dachte immer, in einem guten literarischen Text sollte der treffliche Begriff dem vagen, ungenauen vorgezogen werden.
C.v.A.
Hallo caro,
ich habe nichts gegen Fremdwörter, aber wenn sie, wie du schreibst, zum Verstehen des Textes nicht nötig sind, dann sollte der Autor darauf verzichten und dies ist nun wirklich die letzte Antwort von mir zu diesem Thema.
MfG
Branka
Ja, wir lassen deinen letzten Satz hier einfach so stehen, dass sich alle, die diese Geschichte um den Versuch, unter die Käseglocke zu kommen, lesen werden, selber einen Reim drauf machen können.
C.v.A.
PS: Wenn du nach einer Dichterin im Internet googlest, wirst du sicher rasch fündig werden.
6.Oktober 2009 at 08:31 Ich unterbreche meine Grinsattacke mal und rufe: Plagiat! Das hier ist kein literarischer Text sondern (unwesentlich) verfremdetes Zitieren einer Korrespondenz. Aber eigentlich sollte das beim Gegenstand des Gezeters nicht wundern – war ja auch nur ein Plagiat.
6.Oktober 2009 at 09:04 Plagiat?
Was wurde hier plagiiert?
Wenn man solche ehrenrührigen Behauptungen in den Raum stellt, sollte man die auch mit Fakten belegen können.
Oder ist das bloß der schlechte Stil, der unter Möchtegernliteraten üblich ist?
6.Oktober 2009 at 11:11
Wenn einer, der mit Verve dichtet
Und andre mit Kritik vernichtet,
Schon meint, daß er ein Krit’ker wär,
So irrt sich der.
Paraphrase auf http://www.wilhelm-busch-seiten.de/werke/frosch.html