Lies keine Bücher!
Rezitier kein Gedicht!
Wenn du Bücher liest,
werden die Augen dir verkümmern
und leere Höhlen hinterlassen.
Wenn du Gedichte rezitierst,
wird dein Herz ausrinnen
mit jedem Wort.
Manche sagen, dass Lesen erfreue.
Manche sagen, dass Rezitieren amüsiere.
Aber wenn deine Lippen beständig Töne erzeugen
wie ein zirpendes Insekt im Herbst,
wirst du dich in einen ausgezehrten Alten verwandeln.
Und selbst wenn du dich nicht in einen ausgezehrten Alten verwandelst,
ist es für andere lästig dir zuzuhören.
Es ist besser
die Augen zu schließen,
im Zimmer zu sitzen,
die Vorhänge zu schließen,
den Staub wegzukehren,
ein Räucherwerk anzuzünden.
Es ist so schön dem Wind zu lauschen,
dem Regen zuzuhören,
sie sind voll Lebensduft.
Wenn du dich kräftig fühlst:
geh doch hinaus.
Und wenn du müde bist:
geh schlafen.
Übertragung eines Gedichts von Yang Wan-Li aus dem 12. Jahrhundert nach den englischen Übersetzungen von Jonathann Chaves und David Hinton.
Gelesen im Rahmen von FEDERSPIEL ab 15:05:
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