Galeriebesucher gehen von Bild zu Bild, von Objekt zu Objekt. Wenn sie davon berichten, dann erzählen sie, wie viele Bilder oder Objekte sie gesehen haben, welche sie beeindruckt und welche ihnen weniger gefallen haben. Welche sie angezogen haben, über welche sie eher gestolpert sind, welche sie gar zurückstießen.
Doch was geschieht zwischen den Bildern, zwischen den Objekten? Was passiert mit dem Raum dazwischen? Überspringen ihn die Augen und Gedanken? Ist es ein bloßes Inzwischen, nur Leere, gar Vakuum?
Verarbeitet das Gehirn derweil das zuvor Gesehene, das gerade eben Empfundene und legt es als potentielle Erinnerungen in den Windungen der grauen Masse ab?
Oder schaltet das Gehirn auf Leerlauf, leert es sich aus, um für neue Eindrücke bereit zu sein?
Am ehesten bewusst werden Zwischenräume, wenn die Hängung oder Aufstellung zu eng ist. Doch hier rückt der Zwischenraum nur in Form seiner Negation ins Bewusstsein, nicht in Form seiner zweifelsfreien Existenz. Manchmal gestört durch rote Punkte, nur mit zusammengekniffenen Augen lesbare Schilder, Preisauszeichnungen, seltener durch Fliegen oder andere Insekten an der Wand.
Trennt der Zwischenraum oder verbindet er die Bilder und Objekte? Zwischenraum kann eine Brücke über einen Bilderfluss sein, aber manchmal auch ein fehlender Übergang – eine Furt, die man nicht trockenen Fußes durchschreiten kann. Die Schuhe werden dabei nass und hinterlassen auf dem Weg zum nächsten Objekt deutliche Abdrücke. Pfützen am Boden der Galerie. Der Zwischenraum ist wohl nie ein reißender Fluss, eher ein stilles Wasser, eine Lache, in der sich das Gesehene spiegelt, doch in der Bewegung des Durchschreitens verschwimmt das gerade Betrachtete und enthüllt Neues, fließt als flirrendes Nachbild hinein in den Betrachter, die Betrachterin.
Was wäre, wenn es überhaupt keinen Zwischenraum gäbe? Man stelle sich eine Galerie ohne Zwischenräume vor: alle Exponate verschmölzen zu einem einzigen. Bild an Bild reihte sich, Bilder gingen randlos ineinander über. Objekt an Objekt drängte sich. Atemlos, keine Verschnaufpause für Impressionen. Gleichermaßen ein vom Künstler ungewollter Film böte sich, eine kaum betretbare Kunstlandschaft. Ein Klettergarten mit Steigeisen, Seil und Karabinerhaken. Ein Kunstraum für Menschen mit Messie-Syndrom. Schande über die Galeriebesitzerin, den Galeriebesitzer, oder den oder die von ihr oder ihm beauftragten Kurator oder Kuratorin. Fluch dem Hänger, der Hängerin, dem Steller, der Stellerin.
Allmählich sollte es Galeriebesuchern dämmern, wie bedeutsam dieser Zwischenraum ist.
Grundsätzliches drängt sich zuweilen auf: Ist Zwischenraum überhaupt Raum? Ist es nicht eher Zeit? Ist es vielleicht diese vierte Dimension, in der Raum und Zeit einander begegnen?
Einerlei: Man sollte dem Zwischenraum achtsam begegnen.