ritter kühn verläßt auf seinem pferd
die burg der väter, heim und herd,
denn auf der feste weißenstein
kehrte der tod beim burgherrn ein.
den lang verschollnen bruder will er finden
und ihm vom tod des vaters künden.
in fernen landen beim turnier
will kämpfen er mit dem rapier,
daß ehre, ruhm und hohe minne
er an des kaisers hof gewinne.
nach wenig rast und langem ritt
erreicht sein pferd mit stolzem schritt
das schloß des kaisers, hoch im norden,
noch größer ist sein mut geworden.
er pocht am tor mit seinem speere,
daß man den zutritt ihm gewähre.
um einlaß bitt ich, schallt sein ruf,
sein pferd schlägt wiehernd mit dem huf.
und rasselnd fällt die brücke nieder,
auf seinem pferd sprengt er hinüber.
bald kniet vorm kaiser er im staub:
es sei gewährt mir, mit verlaub,
zu streiten hier um ruhm und ehr!
nichts anderes ich sonst begehr.
der kaiser stehet auf vom thron:
sei mir willkommen, tapfrer sohn!
im aug des recken eine träne steht
als er auf seine kemenate geht.
doch schenkt die nacht ihm keine ruh,
denn denken muß er immerzu
an wilden kampf, an edles spiel,
den preis der minne, hohes ziel.
am morgen, beim posaunenschall,
eilt kühn hinunter in den stall
zu schmücken reich sein edles tier,
es soll ihn tragen im turnier.
am söller wehn die bunten fahnen,
begrüßen alle, die da kamen
zum kampf der stärksten recken.
kein leerer platz ist zu entdecken.
da stehen sie, in reih und glied,
und lauschen stolz dem kampfeslied.
die loge jetzt mit festem schritt
der kaiser würdevoll betritt.
an seinem arme die prinzessin
und jedes auge wendt sich hin.
fanfarenruf hallt von den mauern wider,
die recken knien vor dem kaiser nieder:
willkommen, edelste aus allen landen,
die her zum kampfesspiele fanden.
der beste mag den sieg erringen
und in den staub den schwächren zwingen.
der hohe preis ist euch bekannt:
der sieger soll aus meiner hand
den arm der tochter dann empfangen.
genug der worte: angefangen!
oh, welch ein preis, denkt ritter kühn,
und lenkt den schritt zum pferde hin.
er wirft den ersten in den sand
mit fester unerschrockner hand.
es glänzt sein schild, die lanze bebt,
doch keiner ihn vom rosse hebt.
der letzte kampf! er wird den sieger zeigen!
und es erfüllt den kampfplatz schweigen.
es schnaubt das pferd, die hufe klingen,
wem wird das glück den siegpreis bringen?
im ersten anlauf wankt der held,
am schild des gegners ist sein speer zerschellt.
wer von den beiden wird den kampf bestehen?
wer wird im streite untergehen?
da faßt der ritter kühn das schwert,
das gleißend aus dem gürtel fährt
um stellt erneut sich dem rivalen:
im kampf zu fuß muß die entscheidung fallen.
zu der prinzessin eilt sein blick,
sie schickt den ihren ihm zurück.
und fester packt er nun den schild,
stürzt sich mit jenem süßen bild
in seinem herzen in den streit:
siege ich nicht, bin ich bereit
zu sterben, eh der abend sinkt!
zu hoch der preis, der mir nun winkt!
mit einem streich schlägt er entzwei
den schild des gegners! da, ein schrei
hoch von der loge: haltet ein!
ihr beide sollet sieger sein !
doch davon will der held nichts hören,
allein muß ihm der preis gehören.
ein schlag! das haupt des gegners liegt im sand!
Es bebt das schwert in blutger hand.
er kniet nieder, öffnet das visier
des unterlegnen: wehe mir!
und er tritt vor den kaiser hin:
oh herr, laßt mich von hinnen ziehn.
den preis, ich darf ihn nicht begehren,
verschonet mich von allen ehren!
hört alle nun mein bittres klagen
und hört, wen hier mein schwert erschlagen.
der kaiser reicht ihm seine hand:
habt euren gegner ihr gekannt?
da spricht der kühne rittersmann:
hört alle die geschichte an:
mein bruder zog vom väterlichen haus
zu taten in die welt hinaus.
verschollen glaubten wir ihn schon
und bald aus gram um seinen sohn
starb vater, den er so geliebt!
doch gott, er nimmt, so wie er gibt.
so zog ich aus, den bruder aufzufinden
und vaters tod ihm zu verkünden.
gefunden hab ich ihn!
tot liegt er dort im sand,
getötet von des eignen bruders hand.
mit grausen hört der hof die kunde,
der jubel stirbt in jedem munde.
der kaiser senkt das haupt und spricht:
gestattet sei euch der verzicht!
stumm steigt der ritter auf sein roß,
verläßt zur gleichen stunde noch das schloß!
[1965]
Siehe auch „die ballade vom reiter ohne pferd“ aus dem Jahr 1968.
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