Kategorie: Gedichtzyklen

  • Wohin

    Wohin ist das Vertrauen der Gebete der Kindheit? Du hast die Menschen kennengelernt, ihre Lügen und Träume, ihre Wahrheiten und Enttäuschungen. Du trägst ihre Gesichter mit dir, ihre Grimassen und Masken. Sie drängen sich vorlaut in deine Träume und Tage. Manchmal kannst du ihr Schweigen nicht ertragen. Manchmal fordern sie deine Erinnerungen, sind dir Spiegel…

  • Aufbruch.Stimmung

    Noch tragen die Eichen das Laub der alten Tage, die Stürme des Neuen greifen entschlossen nach den brüchig gewordenen Ästen. Das Geschnatter der Böen zerbricht das Blau des Himmels im Spiegel des Flusses. Noch kleidet das Herz die Trauer der vertrauten Enttäuschung, die neuen Stunden überschreiben zögernd nur die Spuren des Gestern. Die Schreie der…

  • Metaphern.Begräbnis

    Im stillsten Winkel des Friedhofs der Erinnerungen will ich ein Grab ausmessen, so weit, dass es ein Leben fassen kann. In ihm will ich begraben jenen schon so fernen Tag, als ich zum ersten Mal dich sah, den mir so teuren Augenblick, als ich den Treuering an deinen Finger steckte, und jene selt’nen Stunden, als…

  • Herbst.Tag

    Noch einmal breitet der Herbst einen seiner späten Tage über das dampfende Land, die an jenen Aufbruch erinnern, als die Strahlen der Sonne noch ein Versprechen waren und voll der Hoffnung. Nun liegt über allem ein Schatten der Versäumnis. Noch sind die Tore der Scheunen nicht geschlossen, doch die Hände sind müde, das Herz schlägt…

  • Ab.Riss

    Der Auktionator hebt den kleinen Hammer, zum Ersten, Zweiten und zum Dritten. Der Hausbesitzer fühlt nur Jammer, hat endlich ausgelitten. Statt erben … sterben. Die Abrissbirne kracht donnernd in die Front, zum Ersten, Zweiten und zum Dritten. Wer einstmals hier gewohnt läg jetzt inmitten von Staub – taub. Die Nachwelt vergießt auch keine Tränen, zum…

  • LebenS|SpiegeL

    Zum 26. 10. Du ertappst dich dabei, dass du dein Leben inszenierst. Das Lächeln vorhin – ein Um-zu, deine Haltung – Attitüde. Du bist nur ein Spiegel, der sein Gegenüber reflektiert, Gefühle akribisch registriert, mit einem Achselzucken quittiert. Du saugst das Leben auf, kannst nichts davon für dich behalten, gibst gerecht buchführend alles zurück, ohne…

  • Frost

    Die Frucht der Rosen birst im ersten Frost. Mit ihr zerbricht das Glas der Zeit, das die Erinnerungen birgt. Das alte Jahr zerstiebt – mit ihm auch die Versprechen, die manche Lippen gaben. So kommt die neue Zeit daher ohne Versprechen, ohne Hoffnung, sodass dein Herz sich ihr verschließt. [Foto: Herbst; W.S. 2010] [Verzeichnis der…