Kategorie: Wir sagen Unkraut

  • Drei unkrautige Einreimer

    Wildwuchernde Winde Es sieht jeder Blinde: Die wuchernde Winde wächst rasend geschwinde entlang der borkigen Rinde einer duftenden Linde oder auch Tamarinde und baumelt im Winde. Meine Gattin Gerlinde sagt: Gatte, erfinde doch etwas geschwinde, dass sie verschwinde! Wie sehr ich mich schinde, kein Mittel ich finde! Meine Wut ist gelinde schon lang eine blinde.…

  • Sprachliches Unkraut

    Das unvollendete Präteritum hofft auf Perfektion. Im hölzernen Satzbau vermodern die Modi. Das optimistische Futur füttert die Gegenwart. Maskulina und Feminina geben sich dem Genuss hin. Künstliche Komposita haben es gestrichen voll und zerfallen zerschmettert auf dem Komposthaufen der Lettern. Selbstgefällige Adjektiva widersetzen sich der Mülltrennung. Ein unerhörtes Appellativum verirrt sich zwischen Parenthesen und zerschellt…

  • Unkrauts Kriegsführung

    Bei der Schneeschmelze nutzt das Unkraut das braungefrorene Gras als Tarnanzug. Schickt als Vorhut seine grünen Spitzen in den Märzenhimmel. Wenn die Aprilsonne die Wurzeln wärmt, bläst es zum Angriff. Aus dem Hinterhalt des Sommerschattens überfällt es die erhoffte Ernte. Im Herbst bleibt Arcimboldo ohne Gesicht. Verfasst für den Alois Vogel – Literaturpreis 2018

  • Das Unkraut ist eine Frau

    Das Unkraut ist jene Frau, an der man einst achtlos vorüberging, als sie uns schöne Augen machte. Doch sie lief uns nach. Ungeniert sinkt sie uns unvermittelt an die Brust. Verfasst für den Alois Vogel – Literaturpreis 2018