Kategorie: Gedichtzyklen
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Halb.Töne
Unter den Flügeln des Gesanges lauert am Ganges ein langes Ges. Zwischen den Noten des Liedes verkümmert indes ein müdes Des. Und während des Schlafes im Blöken des Schafes ein scharfes Fes. Beim Wedeln des Schwanzes inmitten des Tanzes ein ganzes Ces. Angesichts des hirschlichen Geweihes entflieht der Brust des Rehes ein rauhes Hes.
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Ineinanderfließen
Du standest nach langer Wanderung Am Ufer deines Flusses, Wie ich am Ufer meines Flusses stand. Müde geworden und schweigsam Tauchten wir beide in die Fluten, Suchten die Tiefe und fanden keinen Grund. Wie ließen uns treiben, nur der Schatten war ein Begleiter So wie die Sehnsucht. Das Schicksal ließ beide Flüsse Ineinanderfließen Wie unsere…
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Kleine Ewigkeit
Immer, wenn die Schatten fallen, zwischen Dunkelheit und Tag, fliehe ich die Gegenwart und suche die versäumte Zeit, in der Erinnerungen schlafen. Ich träume jenen fernen Traum, in dem Gedanken frei erstehen und alte Szenen neu erwachen, bis ich das Herz des Frühlings spüre, die Quelle, die mir dich gebracht. Wie leicht führt doch die…
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Das Blumenmassaker
Man verkauft heut‘ rote Rosen auch schon in Konservendosen. Pfingstrosen muss man dafür reiben, oder auch in Scheiben schneiden. Gänseblümchen kann man häckseln, aus Sonnenblumen Zäune drechseln. Margeriten sind an vielen Ehen schuld, beim Zupfen braucht man halt Geduld. Häufig hört man Akeleien quer durch alle Gärten schreien, wenn die Rasenmäher rattern alles unter sich…
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Hey Siri! 1.0 – Mein sozialer Status
Ich: Hey Siri! Siri: Hmm? Ich: Wie ist mein sozialer Status? Siri: Du bist mit 17 Personen und 3 Gruppen in WhatsApp verbunden. Wem willst du eine Nachricht schreiben? Ich: Derzeit nicht. Wie schaut es sonst mit meinem sozialen Status aus? Siri: Ich sehe in deinem Telefonverzeichnis 84 Kontakte. Wen soll ich anrufen? Ich: Niemanden.…
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Der Stadt entgegen
Der Tag wickelt sich aus der Nacht. Seine Fühler summen. Jetzt hängt er frei im Himmel wie ein Weltkörper rollend. Die Sonne schwimmt über den Horizont, der Strom der Asphaltbahnen treibt hin, breit zur grünen Küste der Hügel. Der Wind spielt mit den Stunden um Werden und Sein, um Leben und Sterben. Der Kessel erwachendes…
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Schnecken
Ich will Euch damit nicht verschrecken, doch ein Geheimnis muss ich heut‘ aufdecken: Warum Laufenten ihre Hälse recken, und mangels Zähnen ihre Schnäbel blecken: Sie wollen an der Schleimspur schlecken, auf der sie Schnecken rasch entdecken. Auch hinter finst’ren Häuserecken oder sehr dichten Buchsbaumhecken. Dort kann kein Schneck sich lang verstecken, und wenn sie aus…