Kategorie: Dichtung
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Die Liebe der Stadt
Für einen kurzen goldenen Moment, wie ein seltener Wein, brandete die anmutige Stadt über ihre Grenzen; Ohne Rücksicht auf meine Herkunft, Vergessend, dass ich ein fremder Gast war, Sie beugte sich zu mir, mein feindliches Herz zu gewinnen, Presste mich leidenschaftlich an ihre weiche Brust; Die große, stolze Stadt, ergriffen von einer seltsamen Liebe, Beugte…
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Vergangene Tage
Ihr vergangenen, liebgewonnenen Tage, Könnte die Hand der Erinnerung Dein Morgenlicht, deine Abendstrahlen Aus der grauen Urne der Zeit noch einmal holen. Dann könnte dieses ruhelose Herz schweigen, Das müdgeword’ne Aug‘ sich schließen, Und die Hoffnung ihre Spuren zusammenfalten, Während die schönen Gespenster aufsteigen. Doch wie ein Kind in den Armen des Ozeans, streben wir…
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Französischer Urlaub
Keine unterwürfige kleine Angst wird mein Wollen entmutigen Heute Morgen habe ich den festen Mut zu sagen Ich will faul sein, immer noch erobernd, Ich will die Stunden nicht in Mühsal verlieren an diesem Tag. Die tosende Welt draußen, ohne Rücksicht auf die Seelen, Soll mich meinem stillen Traum der Ruhe überlassen, Meine vier Wände…
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Das Taglicht
Das Taglicht wickelt sich aus dem Dunkel, rollt über den Horizont. In einem Ritardando noch, fädelt es sich als Dämmerung zwischen die nachttrunkenen Häuser. Die Fenster holen verschlafene Gedanken in ihren Spiegeln neugierig zurück. Durch die halb geöffneten Jalousien läuft das Taglicht wie auf einem Rost aus Streifen von Gestern und Heute in die erwachenden…
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Der Morgen
Über dem Strich, der Erde und Himmel trennt und aneinander bindet, schickt der Tag seine Vorhut, um das Land zu erkunden. Noch lümmeln die Dörfer Ellbogen an Ellbogen aneinander gedrängt, der Wald sorgfältig vernäht mit seinen Lichtungen. Auf den taunassen Wegen fliehen müdgetanzte Schimären, sie fürchten die Blendung, die alten Fragen, die ohne Antwort geblieben.…
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Der Familien.Tisch
„Brennt gut!“ sagte der alte Mann zu dem flackernden Schatten, der hinter ihm kauerte, während er mich in die knisternde Glut des Ofens schob. Seltsam, ich hatte diesen Moment mein ganzes Leben lang mit einem Bangen vor etwas Ungewissem erwartet, aber nun, da es so weit war, fühlte ich eher ein Gefühl der Erleichterung. Die…
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Von der Kathi-Tant zum Andromedanebel
Als Kind war ich noch nicht sehr firm in Etymologie. Da ich mit meinen Eltern in einem typischen einstöckigen Wiener Vorstadthaus in Meidling lebte, und sich unser Leben auf Nummer 7 bzw. auf Zimmer und Küche beschränkte, verband ich mit dem Begriff Nachbar allein jene Frau, die alle Kathi-Tant nannten, die am gleichen Gang auf…