Vor Kurzem landete in meinem Postfach die Benachrichtigung über einen Beitrag „Frühlingsahnung“ in einem von mir vor einiger Zeit abonnierten literarischen Weblog. Nach den bis dato recht lesbaren prosaischen Beiträgen in diesem Weblog – nennen wir es hier „Schauschreibsel“ – handelte es sich bei dem Lyrikversuch der Autorin um ein eher „konventionelles“ Opus, in dem die „Vögel freudig umher hüpfen und endlich wieder Nahrung finden“, „Schneereste im Sonnenlicht glitzern“ und „stetige Tropfen von der Dachrinne“ fallen, während „Kühle Luft (…) uns nicht mehr frösteln lässt“. Da ich das Internet als Kommunikationsmedium schätze, insbesondere im literarischen Bereich, und die Gedichtautorin im Anschluss an ihr Gedicht zu einem Kommentar einlud, beschloss ich, das Gedicht etwas gegen den Strich zu bürsten und mit den von der Autorin gewählten Worten bzw. Ideen verfremdend umzugehen, auch zumal bisher wenige Beiträge der Autorin von Vorbeikommenden kommentiert worden waren. „Durch’s Reden kommen die Leut‘ z’samm!“ sagt man bei uns in .at.

Nach einigen Tagen wurde ich durch die Nachricht über einen weiteren Blogbeitrag an meinen Kommentar erinnert und ich besuchte das Weblog, um nachzuschauen, ob vielleicht die Autorin selber oder jemand anderer das Gedicht ebenfalls kommentiert hätte. Zu meiner Überraschung fand ich aber das Gedicht noch immer unkommentiert, sodass ich gekränkt um meine kommentatorische Mühe gebracht mangels einer direkten Kontaktmöglichkeit noch einen weiteren kurzen, betrübten Kommentar nachschickte: „Wozu hast du ein Kommentarfeld bei deinen posts, wenn du ohnehin die Kommentare löschst?“

Wieder einige Tage später fand sich in meinem Postfach ein Weblogbeitrag mit dem Titel „Ein Wort zu den Kommentaren„, in dem sich die Blogautorin über meinen Kommentar befremdet zeigte, weil er ihr „mit Verlaub, eindeutig zweideutig erschien“ und sie der Meinung war, dass „schlüpfrige Bemerkungen“ nicht dazu gehören. Allerdings versicherte sie, dass sie sich „im Allgemeinen (…) sehr über die Kommentare in“ ihrem „Blog“ freue. Außerdem stört sie irgendwie das Duzen „bei Leuten, die“ sie „blöd anmachen“. Trefflicherweise war dieser Kommentar zu meinem Kommentar mit dem Bild eines Kaktus geschmückt – die Kombination von Text und Bild gehört übrigens auch zu meinen derzeit bevorzugten literarischen Auslassungen im Net.
Da ich so unvorsichtig gewesen war, den Kommentar zu dieser Frühlingsahnung sehr spät gegen Mitternacht und eher ahnungslos direkt in das Kommentarfeld zu schreiben, muss ich nun betrübt ein „Spring.Poem.Lost“ konstatieren. Recht spät war’s, aber sonst keine Ahnung! Ich werde also auf Grund meiner Nachlässigkeit nie mehr überprüfen können, ob die Verfremdung tatsächlich schlüpfrig war, und es wird sich auch nie mehr klären lassen, ob ich oder die Blogautorin oder beide beim Tanz auf dem Parkett der Literatur ausgerutscht waren.

Frühlingsahnung


[Verzeichnis der Texte]

Dieser Beitrag hat 3 Kommentare

  1. Frühling. Frühling?!

    So heißt jetzt ein gnadenloses Gedicht in der Schreibschaukel, das unsere Laune endgültig zum Kochen bringt. Auch wenn die Bise kein warmes Gewand scheut, klatscht uns der Frühling einzig und sofern die Sehnsucht ins Gesicht, dass wir ENDLICH eines Szenenwechsels harren:

    Doch weiss man ja – das ist nicht neu –
    der Petrus hat den Wind verbrämt!
    Der Frühling liegt im letzten Heu,
    dass er sich dafür gar nicht schämt!?

  2. Spät.Rechts.Vergessen

    Längen, die Tage werden
    Winkel, die in die lichtesten Hintern dringen
    Kinderfröhnen gärt in spärlichen Ärmeln
    Eine Katze, die endlich wieder Vögel als Nahrung findet
    Freudige Balkone räkeln sich
    Feuchte Viecher erden
    das windige Verzweigen abblätternder Türen
    Die Sonne schneit wälzendes Glitzern
    Der rinnende Tropf steht am Dach
    Wolkiges Blauen wimmelnder Eier
    Nichten rösten lässig zünftige Düfte
    Beginnen die Motoren das offene Kreisen
    während ahnungslos frühen Kommens?

    Nachträgliche Rekonstruktion des Spring.Poem.Lost
    W.S.

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