Kategorie: Gedichte

  • Unkrauts Kriegsführung

    Bei der Schneeschmelze nutzt das Unkraut das braungefrorene Gras als Tarnanzug. Schickt als Vorhut seine grünen Spitzen in den Märzenhimmel. Wenn die Aprilsonne die Wurzeln wärmt, bläst es zum Angriff. Aus dem Hinterhalt des Sommerschattens überfällt es die erhoffte Ernte. Im Herbst bleibt Arcimboldo ohne Gesicht. Verfasst für den Alois Vogel – Literaturpreis 2018

  • Das Unkraut ist eine Frau

    Das Unkraut ist jene Frau, an der man einst achtlos vorüberging, als sie uns schöne Augen machte. Doch sie lief uns nach. Ungeniert sinkt sie uns unvermittelt an die Brust. Verfasst für den Alois Vogel – Literaturpreis 2018

  • Aus dem Leben des Herrn Kübel

    Was bisher geschah: Das rosa Sofa Herrn Kübels Tränen Rosa Sofa 2.0 Herr Kübel 2.0 Herrn Kübels Apokalypse Neues Übel für Herrn Kübel? Herr Kübel und Herr Drehstuhl Herr Kübel sucht Trost  

  • Stiefel.Knecht

    Bei meiner Tür, ihr seht ganz recht, da steht ein braver Stiefelknecht. Auch wenn ich selten Stiefel trage, stellt er mir täglich diese Frage: „Kann, Herr, ich Euch behilflich sein, und von den Schuhen Euch befrei’n?“ „Nein, danke! Noch erlaubt mein Rücken mich nach den Schuhen selbst zu bücken.“ Drauf bleibt er stumm und akzeptiert,…

  • Abend

    Der Abend sattelt die leergelebten Stunden und trabt den rötlichen Hügeln entgegen. Die Schwalben zerschrillen im Flug die verbliebenen Schatten. Der Halbmond deiner Lider vibriert in der Erwartung einer versprochenen Nacht, die spinnengleich prüfend ihre Hände über die Dächer der Häuser legt, die in die Buchten der Hügel sich kauern. Gleich Spinnwebenflor spinnt sich die…

  • Bruckner.Park.Idyll

    Auf einem rostfarbenen Lastkahn strecken zerschweißte Träger der Eisenbahnbrücke ihre Wunden in den blassblauen Sommersamstagshimmel. Aus dem eventtruckzerpflügten Gras starren das dunkelheitsverbrannte Bühnenrechteck und die aneinandergereihten Sanitärquadrate den Flanierenden vergelbt entgegen. Von der fernverkehrenden Autobahnbrücke her drängt sich hintergrundheischend das Rollen der Reifen in das schweigende Fließen des Stromes. Der aufbrechende Sommerflieder reckt seine Blütenstände…

  • fragment 01: er ging durch die belebten straßen

    w.s. scripsit 1966 er ging durch die belebten straßen, als hätte er etwas verloren. niemand konnte seine augen sehen, denn sein blick war auf das unregelmäßige muster der straßensteine gebannt. er trug keine gedanken hinter seiner stirn, denn er hatte sie an der letzten straßenecke verloren. oder war es die vorletzte. darüber dachte er nicht…